Unerfüllt.
Meine Mutter war in einer Zeit, in der man noch nicht einfach kurz einmal auf die andere Seite der Welt flog, für 4 Jahre in Australien.
Das war vor ihrer Ehe, Anfang bis Mitte der 50er-Jahre.
In Australien ging es ihr gut, oft sprach sie von ihrer Zeit dort.
Nach der harten Kriegs- und Nachkriegs-Kindheit erschien es ihr wie Urlaub im Schlaraffenland.
Endlich war sie erwachsen, uneingeschränkt, hatte einen Job an der österreichischen Botschaft und ihr ganzes Leben lag verheissungsvoll vor ihr.
Die süssen Früchte, von denen sie jetzt naschen durfte, wollte sie gerne teilen, nämlich mit dem Menschen, der ihr am nächsten stand, mit ihrer Mutter.
Also wollte sie ihr bei ihrer Rückkehr nach Wien etwas besonders Schönes mitbringen.
Während der Heimreise nach Europa, die damals eine mehrwöchige Schiffsreise war, gab es unter andrem einen Stop in Honkong. Dort fand meine Mutter einen wunderschönen Kleiderstoff. Schwere chinesische Seide. Sie konnte ihre Mutter förmlich vor sich sehen: in einem wunderschönen Kleid, aus eben diesem Stoff genäht. Vorfreudig kaufte sie einen Ballen davon und gleich einen zweiten, andersfärbigen, für sich selbst dazu.
Die ganze weitere Heimreise über war meine Mutter schon voller Aufregung. Stellte sich vor, wie das Kleid für ihre Mutter wohl werden würde, wie sehr sich diese freuen würde und wie sie beide gemeinsam in ihren neuen Kleidern aus den schönen Stoffen spazieren gehen würden.
Erzählt hat mir meine Mutter diese Geschichte, als ich vor drei Jahren überlegte, was ich zu meiner Hochzeit anziehen würde.
Da öffnete sie die Truhe, holte diese beiden Stoffballen hervor und meinte, ich könne mir ja daraus was nähen lassen.
So lagen also diese prächtigen Stoffe vor mir: der eine in einem silbrigen Grundton, über und über mit wunderschönen Phantasievögeln bestickt. Der zweite mit ähnichen Motiven, aber in einem kühlen Petrol-Blau als Grundfarbe. Beide von einer beinah märchenhaften Schönheit und Eleganz, irgendwie ein wenig an die Märchen aus Tausend-und-Einer-Nacht erinnernd.
Und beide waren unberührt.
Warum ist denn aus den Kleidern für Dich und Deine Mutter nichts geworden, fragte ich meine Mutter.
Naja, es hätte sich nicht ergeben.
Ankunft nach den 4 Jahren zu Hause, gleich darauf verlieben, heiraten, Kind – so schnell kann das gehen.
Und dann war ihre Mutter plötzlich tot, die Gelegenheit war vorbei.
Viel zu früh und viel zu schnell.
Meine Hochzeit wäre eine perfekte Gelegenheit gewesen, diese schönen Stoffe angemessen zu verwenden. Jedoch stehen mir kühle Farben nicht besonders, ich habe schliesslich in Rot geheiratet.
Jetzt ist meine Mutter seit ca. einem Jahr tot.
Ich glaube nicht, dass ihr Leben besonders glücklich war.
Und ich fürchte mich schon jetzt vor dem Moment, in dem ich die Truhe öffne und diese unberührten Stoffballen wieder finde.
Das war vor ihrer Ehe, Anfang bis Mitte der 50er-Jahre.
In Australien ging es ihr gut, oft sprach sie von ihrer Zeit dort.
Nach der harten Kriegs- und Nachkriegs-Kindheit erschien es ihr wie Urlaub im Schlaraffenland.
Endlich war sie erwachsen, uneingeschränkt, hatte einen Job an der österreichischen Botschaft und ihr ganzes Leben lag verheissungsvoll vor ihr.
Die süssen Früchte, von denen sie jetzt naschen durfte, wollte sie gerne teilen, nämlich mit dem Menschen, der ihr am nächsten stand, mit ihrer Mutter.
Also wollte sie ihr bei ihrer Rückkehr nach Wien etwas besonders Schönes mitbringen.
Während der Heimreise nach Europa, die damals eine mehrwöchige Schiffsreise war, gab es unter andrem einen Stop in Honkong. Dort fand meine Mutter einen wunderschönen Kleiderstoff. Schwere chinesische Seide. Sie konnte ihre Mutter förmlich vor sich sehen: in einem wunderschönen Kleid, aus eben diesem Stoff genäht. Vorfreudig kaufte sie einen Ballen davon und gleich einen zweiten, andersfärbigen, für sich selbst dazu.
Die ganze weitere Heimreise über war meine Mutter schon voller Aufregung. Stellte sich vor, wie das Kleid für ihre Mutter wohl werden würde, wie sehr sich diese freuen würde und wie sie beide gemeinsam in ihren neuen Kleidern aus den schönen Stoffen spazieren gehen würden.
Erzählt hat mir meine Mutter diese Geschichte, als ich vor drei Jahren überlegte, was ich zu meiner Hochzeit anziehen würde.
Da öffnete sie die Truhe, holte diese beiden Stoffballen hervor und meinte, ich könne mir ja daraus was nähen lassen.
So lagen also diese prächtigen Stoffe vor mir: der eine in einem silbrigen Grundton, über und über mit wunderschönen Phantasievögeln bestickt. Der zweite mit ähnichen Motiven, aber in einem kühlen Petrol-Blau als Grundfarbe. Beide von einer beinah märchenhaften Schönheit und Eleganz, irgendwie ein wenig an die Märchen aus Tausend-und-Einer-Nacht erinnernd.
Und beide waren unberührt.
Warum ist denn aus den Kleidern für Dich und Deine Mutter nichts geworden, fragte ich meine Mutter.
Naja, es hätte sich nicht ergeben.
Ankunft nach den 4 Jahren zu Hause, gleich darauf verlieben, heiraten, Kind – so schnell kann das gehen.
Und dann war ihre Mutter plötzlich tot, die Gelegenheit war vorbei.
Viel zu früh und viel zu schnell.
Meine Hochzeit wäre eine perfekte Gelegenheit gewesen, diese schönen Stoffe angemessen zu verwenden. Jedoch stehen mir kühle Farben nicht besonders, ich habe schliesslich in Rot geheiratet.
Jetzt ist meine Mutter seit ca. einem Jahr tot.
Ich glaube nicht, dass ihr Leben besonders glücklich war.
Und ich fürchte mich schon jetzt vor dem Moment, in dem ich die Truhe öffne und diese unberührten Stoffballen wieder finde.
Lucretia - 28. Nov, 11:32
la-mamma - 30. Nov, 08:45
berührend!
vielleicht kannst du die stoffe ja auch für etwas anderes verwenden? und wenn du einen vorhang draus machst, der auch an die guten "geister" irgendwo da draußen erinnert ...
Lucretia - 30. Nov, 20:03
Ja, ich denk auch immer wieder daran. Bzw. könnte der einen meiner Schwestern der eine Stoff recht gut stehen, aber ich glaube, sie kann den Stoff noch nicht an sich nehmen. Das mit den guten Geistern ist ein schöner Gedanke, vielleicht nehme ich wenigstens kleine Stücke davon an mich. Alles Liebe! Lg Lucretia
Was für ein schöner Text!